Nachrichten | Mittwoch, 14. September 22

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Diese Reklame lag als Beilage in der PNP-Samstagszeitung.
Vorsicht, Trickbetrüger?

Pelz- und Goldankauf für russischen Markt in Fürstenzell

Passau – Sind Sie am Wochenende auch über diese merkwürdige Werbung in den Blättern der „Passauer Neuen Presse“ (PNP) gestolpert? Samstags ein beigelegtes Flugblatt, sonntags eine halbseitige Reklame.

Mit dubiosen Inseraten und Flugblättern werden die Menschen aus der Region nach Fürstenzell gebeten. Dort können sie Schätze ihres Haushalts „für den russischen Markt“ gegen Bares eintauschen - vom Zahngold bis zum Nerzmantel. Nach gleichlautenden Inseraten hat die Polizei in Mittelfranken im Frühjahr Unerfreuliches vermeldet.

Zu den Betrugsmaschen, die sich hinter solchen Inseraten verbergen können, gehört unter anderem: Mit der Vorgabe, für Pelze hohe Preise zu zahlen, erschleichen sich Gaunerinnen und Gauner das Vertrauen der Kundschaft. Sie verschaffen sich Zutritt zur Wohnung, indem sie einen Hausbesuch zur Besichtigung oder Abholung vereinbaren. Auf den Pelzen, die heutzutage fast wertlos sind, bleiben die Angelockten sitzen, das eigentliche Interesse entlarvt die Frage: „Haben Sie auch Goldschmuck zu verkaufen?“ Die Umgarnten, die darauf hereinfallen, geben, das Bargeld vor Augen, den Schmuck unter Wert ab - oder werden bestohlen.

Im März mahnt das Polizeipräsidium Mittelfranken zur Vorsicht, nachdem ein Hausbesucher der Anzeigenkampagne „Wir kaufen an – Pelzmäntel, Gold und Modeschmuck“ als Trickbetrüger aufgetreten war. Eine 82-jährige Frau aus Heilbronn hatte den Inserierenden ihren Pelz angeboten. Der Händler erklärte, wie oben beschrieben, beim Hausbesuch sein zusätzliches Interesse für Schmuck. Sie wühlten gemeinsam in der Schatulle der Betagten. Er gab ihr 300 Euro für seine ausgesuchten Stücke und sie musste hinterher feststellen, dass weiterer Schmuck im Wert von 1.600 Euro fehlte.

Die Warnung der Polizei Mittelfranken sei mangels einer Reaktion* der Polizei Niederbayern, die von dieser Redaktion informiert worden ist, wiederholt: 

  • Lassen Sie keine Fremden in Ihre Wohnung. 
  • Lassen Sie Verkäufer, Handwerker oder andere Personen nur in Ihre Wohnung, wenn Sie diese selbst bestellt haben. 
  • Achten Sie darauf, dass bei einem Verkauf in ihrer Wohnung eine Vertrauensperson anwesend ist und der Käufer zu keinem Zeitpunkt alleine ist.
  • Wehren Sie sich energisch gegen zudringliche Besucher, sprechen Sie sie laut an oder rufen Sie um Hilfe. Lassen Sie sich zu nichts überreden.
  • Treffen Sie mit Nachbarn, die tagsüber zu Hause sind, die Vereinbarung, sich bei unbekannten Besuchern an der Wohnungstür Beistand zu leisten.

Der Autor ergänzt: Warnen Sie ihre Betagten im Familien- und Bekanntenkreis, solchen Werbekampagnen mit Vorsicht zu begegnen. Flugblätter und Zeitungsinserate sind bewusst gewählt, um die nicht internetaffine ältere Bevölkerung anzusprechen.

*Polizei und Staatsanwalt sind angesichts dieser Machenschaften die Hände gebunden. Sie können erst eingreifen, wenn eine Straftat angezeigt oder erfolgt ist. Die Adresse in Fürstenzell, an der die Kundenkontakte seit Montag bis kommenden Samstag hergestellt werden, wird nach unseren Informationen ab und an von einer Polizeistreife beobachtet.

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In der Sonntagszeitung inserierten die Gold-, Pelz- und Antiquitätenankäufer erneut.
Der Autor ist auf Ungereimtheiten aufmerksam gemacht worden: Ein Essener „Pelz- und Schmuckankäufer“ wirbt auf seiner sehr elegant und seriös wirkenden Internetseite mit mehreren deutschen Standorten zur Kontaktaufnahme, darunter aufgeführt die Adresse in Fürstenzell. Über E-Mail und Telefon sei dieser Verantwortliche nicht erreichbar, erzählt uns ein Leser aus Oberösterreich, der wegen eines Nerzmantels angefragt hatte. Andererseits tritt als Verantwortliche der Inserate in PNP und „Am Sonntag“ namentlich nicht dieser Geschäftsinhaber auf, sondern eine Frau, deren Familienname – es mag purer Zufall sein – häufig in Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaften gelistet ist: ein aus Funk- und Fernsehen bekannter Clan aus dem Rheinland. Wer die Nummer der Inserentin anruft, erhält einen Rückruf mit unterdrückter Nummer. Ein Mann im gebrochenen Deutsch erklärt, der Essener Inhaber sei in Fürstenzell nicht anwesend, wohl aber dessen Frau und Schwester. Erstgenannte ist so beschäftigt oder in Eile, dass sie weitere Nachfragen nicht beantworten kann: "Ich rufe zurück." Dieser Antiquitätenladen, ein Gewerbebetrieb, sei offenbar nur zu bestimmten Zeiten geöffnet, heißt es aus Gemeindekreisen.

Warum druckt und verteilt die „Passauer Neue Presse“ solche schillernden Inserate?

Mitglieder der Redaktion haben sich angeblich vergeblich dagegen ausgesprochen, da die Absicht der Inserenten durchschaubar unseriös sei. „Geld stinkt nicht“, haben sie, so denkt sich der Autor, vielleicht als Antwort erhalten.

Ein Blick auf den Inhalt der Anzeigen: „Kostenlose Bewertung Ihres Schmucks, auch bei Ihnen zu Hause!“, heißt es da; „Sofort Bargeld!“ leuchtet ein goldener Button; „Gerne übernehmen wir Ihre Spritkosten bis zu 30 Euro bei Ankauf“, wird gelockt; „Für Pelze und Nerze bis zu 12.000 Euro“, wird versprochen, obwohl diese Wildtiererzeugnisse heutzutage fast wertlos sind. Ein Sternchen am Ende des Satzes korrigiert im Kleingedruckten, die genannte Summe beziehe sich auf „antiken Schmuck“.

hud
 

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