Nachrichten | Sonntag, 17. September 23

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Natur- und Klimaschutz

Gewinner des Jahres nach dem Bürgerentscheid: der Passauer Wald

Passau - Ist die Gesellschaft angesichts der Klimakrise längst einen Schritt weiter als die Politik? Das Ergebnis des Passauer Bürgerenscheids zum Waldschutz wirft diese Frage auf. Das eindeutige Ja zum konsequenten Erhalt der Wälder wird eine Signalwirkung haben für andere Kommunen, für Bayern und über die Landesgrenzen hinaus.

Um 20.30 Uhr hat OB-Sprecherin Maria Proske das Ergebnis verkündet: Bei einer Wahlbeteiligung von 28 Prozent haben 78,2 Prozent für den Waldschutz gestimmt. Mit 8.799 Stimmen wurde das Quorum um rund 2.500 Stimmen übertroffen.

Die Stichfrage war nicht mehr maßgeblich, da das Ergebnis bei den Stimmen für Rats- oder Bürgerbegehren eindeutig ist. Konkret:

  • Bürgerentscheid 2, Bürgerbegehren "Rettet die Passauer Wälder", 8.799 Ja- und 2.452 Nein-Stimmen;
  • Bürgerentscheid 1, Ratsbegehren "Zukunftsfähige Stadtentwicklung", getragen von der Regierungsmehrheit im Rathaus aus SPD, CSU, Freie Wähler und FDP, 3.596 Ja- und 7.094 Nein-Stimmen.

41.738 Bürgerinnen und Bürger waren stimmbererchtigt. 6.261 Stimmen waren für das sogenannte Quorum notwendig.

Die Bürgerschaft als Souverän habe den eindeutigen Willen zum Ausdruck gebracht, "bei weiteren Schritten wird dieser entsprechend berücksichtigt", lässt sich Oberbürgermeister Jürgen Dupper am Abend in einer Pressemitteilung zitieren.

Der Bürgerentscheid gilt wie ein Stadtratsbeschluss und könnte mit einem neuem Bürgerentscheid oder nach frühestens einem Jahr vom Stadtrat wieder aufgehoben werden.

Nunmehr gilt: Bauleitverfahren, die eine Rodung von Wäldern zur Folge haben, werden unterlassen; das Jägerholz, ein Stadtrandwäldchen, wird nicht für eine Gewerbeansiedlung gerodet.

Wälder zählen zu den wichtigsten Trägern unserer Lebensgrundlagen: Sie erzeugen Sauerstoff, filtern Schadstoffe, speichern Grundwasser und werden in der Erderwärmung zunehmend für ihren Kühleffekt geschätzt. Ausgleichsflächen sind kein ökologischer Ersatz für verlorene Wälder, da sich Boden und Artenvielfalt über Jahrhunderte gebildet haben.

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Erreicht das Wald-Bürgerbegehren die 6.261 Mindest-Ja-Stimmen, das sogenannte Quorum?

Dies ist derzeit die spannendste Frage für die Frauen und Männer in einem Altstadtwirtshaus an der Hängebrücke. Hier haben sich die politischen Spitzen des Wald-Bürgerbegehrens getroffen und warten das Ergebnis ab. 

Die PNP-Kollegen Sandra Hatz und Johannes Munzinger sind dabei bedienen hier einen Live-Ticker. Demnach haben in manchen Wahllokalen die Waldschützer bis zu sechsmal mehr Stimmen erhalten als das ihnen entgegengestellte Ratsbegehren. 

Der Reporter dieses Magazins hat sich heute als Wahlhelfer im Uni-Viertel einsetzen lassen. 330 Rathausbedienstete und Ehrenamtliche haben in 28 Wahllokalen und im Rathaus "im Maschinenraum der Demokratie", wie es Ob Jürgen Dupper nennt, mitgeholfen, die Abstimmung abzuwickeln. 

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40.000 Stimmberechtigte, 8.000 haben auf dem Postweg gewählt, bis mittags weitere 2.000 die Wahllokale aufgesucht.

So lauten gerundet die Angaben, Meldungen und grobe Schätzungen zum Passauer Bürgerentscheid.

Heute entscheiden die Passauer, wie es künftig um ihren Waldschutz steht. Alles wie bisher oder Rodungen nur in begründeten Ausnahmefällen?

Junge Familien, alte Ehepaare, Studenten und Rentnerinnen haben heute den Gang zur Wahlurne angetreten. Wird die Wahlbeteiligung bei diesem schönen Wetter unter 30 Prozent liegen? Bürgerentscheide haben in früheren Zeiten 25 bis knapp 32 Prozent erreicht.

Mit den Briefwählern ist beim Wald-Bürgerentscheid eine Wahlbeteiligung von rund 20 Prozent erreicht. In den Wahllokalen war der Besuch vormittags sehr mäßig bis mau; bis 18 Uhr sind sie noch geöffnet.

Wer verabsäumt hat, seine Briefwahlunterlagen abzusenden, kann sie bis 18 Uhr im Briefkasten an der Rathaustür einwerfen oder in einem Wahllokal den alten vernichten und seinen Stimmzettel dort neu ausfüllen.

Wer erhält die Mehrheit? Das Bürgerbegehren für konsequenten Waldschutz und Rettung des sogenannten Jägerholzes, ein Stadtrandwäldchen, oder das Ratsbegehren, das keinen Handlungsbedarf sieht, weil die bestehenden Vorgaben ausreichend seien? Ab 18 Uhr wird ausgezählt.

„Wo muss ich mein Kreuz machen, damit der Wald gerettet wird?“, löst in einem Wahllokal ein Mann um die 50 mit seiner laut gestellten Frage Erheiterung aus. Man dürfe keine Wahlempfehlung aussprechen, wird der Fragende von den Wahlhelfern aufgeklärt, nur soviel: „Sie haben maximal drei Stimmen“. Theoretisch kann der Wählende Bürger- und Ratsbegehren, beiden zustimmen, muss sich allerdings in der Stichfrage entscheiden, welchem er den Vorzug gibt.

2013 hatten sich bei einem Bürgerentscheid zum Fahrradtunnel durch den Georgsberg mehr als 10.000 Stimmberechtigte, gut 25 Prozent, an der Abstimmung beteiligt; 73 Prozent sprachen sich gegen den Tunnel aus.

2007 hatten sich bei einem Bürgerentscheid, Wahlbeteiligung knapp 32 Prozent, 55 Prozent der Stimmberechtigten gegen den Bau eines Konzerthauses am Kleinen Exerzierplatz ausgesprochen.

hud

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