Nachrichten | Tuesday, 11. November 25

bild_klein_0000024572.jpg
Die wegen Totschlags Angeklagte wird in Handschellen vorgeführt. (Foto: Stefan Schopf/ mediendenk)
Familientragödie in Grafenau

Landgericht Passau: Prozess um tödlichen Streit nach Heiratsantrag

Passau/ Grafenau - Kapitalverbrechen sind in der Region selten. Umso größer ist das öffentliche Interesse, wenn ein solcher Fall verhandelt wird.

Heute hat in Saal 40 des Landgerichts Passau der Prozess gegen eine 25-jährige Frau aus Grafenau begonnen. Die Staatsanwaltschaft wirft ihr Totschlag vor. Die Angeklagte sitzt seit der Tatnacht in Untersuchungshaft – seit 165 Tagen.

bild_klein_0000024612.jpg
Die Kammer unter Vorsitz von Vizepräsident Jürgen Heinrich betrtt den Saal; als Schöffe dabei, links, der Kreistagspolitiker Eike Hallitzky. (Foto: Stefan Schopf/ mediendenk)
Die Frau lebte seit drei Jahren mit ihrem 24-jährigen Lebensgefährten in der Elsenthal-Siedlung. Sie haben ein gemeinsames, 14 Monate altes Kind. Am Abend vor der Tat – dem 1. Juni dieses Jahres – war das Paar Gast auf einer Hochzeit. Dort soll der Mann seiner Partnerin einen Heiratsantrag gemacht haben, den sie annahm.

Gegen 2.30 Uhr brachte ein Shuttlebus sie von der Feier nach Hause. Weil sie ihren Haustürschlüssel im Bus vergessen hatte, klingelte sie einen Nachbarn aus dem Bett. Das Kind war bei den Großeltern.

In den frühen Morgenstunden hörten Nachbarn lautes Gepolter. Das Pärchen unter der Wohnung wurde wach. „Schatz, bitte hau ab!“, hörten sie im Treppenhaus. Schritte, Schreie, dann Stille. Sie gingen nach oben. Die Wohnungstür stand offen.

bild_klein_0000024578.jpg
Verteidiger Sebastian Gaßmann begrüsst seine Mandantin am Portal zum Landgericht. (Foto. Stefan Schopf/ mediendenk)
Der Mann lag nackt am Boden. Die Frau kniete über ihm und schlug ihm ins Gesicht – „damit er wieder wach wird“. Eine Stichwunde in der Brust, Blut im Raum. Später wird sie einem Sanitäter erklären, er sei ihr beim Ausräumen des Geschirrspülers ins Messer gelaufen. In einer schriftlichen Erklärung heißt es, er habe sie „wieder einmal“ zum Sex zwingen wollen.

Die Nachbarn riefen den Notruf und versuchten, den Mann wiederzubeleben – vergeblich. Die Frau wurde auf das Revier mitgenommen und kam in Untersuchungshaft.

Zu Prozessbeginn ließ die Angeklagte über ihren Verteidiger eine lange Erklärung verlesen. Darin schildert sie, ihr Mann habe sie wiederholt sexuell bedrängt und vergewaltigt. Der Messerstich sei in Notwehr erfolgt. Sie sei stark betrunken gewesen.

Dem widersprechen Beobachtungen der Tatnacht: Sie sei ohne Probleme die Treppe hinuntergegangen. Alkohol ja – aber nicht in dem Maß, das die Verteidigung beschreibt.

Ein Vertreter der Nebenklage merkte an, die schriftliche Darstellung würde an Glaubwürdigkeit gewinnen, wenn die Angeklagte persönlich aussagen und sich befragen lassen würde.

bild_klein_0000024602.jpg
Die Reihe der Nebenkläger-Vertreter, darunter der Münchner Anwalt Stephan Lucas, der die Mutter des Getöteten vertritt, hinter ihm Staatsanwalt Maximilian Kitzbichler. (Foto: Stefan Schopf/ mediendenk)
Sieben Zeugen, darunter das Nachbarpaar, der Notarzt und Sanitäter, sagten heute aus. Fünf weitere Verhandlungstage sind bis 12. Dezember angesetzt.

Die Angeklagte sitzt da, stumm, mit gesenktem Blick; ab und dann holt sie ein Taschentuch hervor, um sich Tränen abzutrocknen. Sie vermeidet jeden Blick auf den Großbildschirm, auf dem Bilder des Tatortes gezeigt werden - eine herausgerissene Besteckschublade, der blutbefleckte Boden, herumliegende Decken und Kleidung, ein spitzes (augenscheinlich gereinigtes) Küchenmesser in einer Ecke am Boden des Flurs...  

Im vollbesetzten Zuschauerraum viele Beobachter aus dem Raum Grafenau, darunter der Familien- und Freundeskreis der Angeklagten ebenso wie der Bekanntenkreis des Getöteten. In der vordersten Zuschauerreihe sitzen zehn Vertreter der Medien - überregionales Interesse.

Der Fall erinnert an ein Tötungsdelikt vor vier Jahren in Freyung. Damals erstach ein junger Mann die Mutter seines Kindes und floh. Auch dort stand eine eskalierte Beziehung im Zentrum des Verfahrens.

red

Unabhängiger Journalismus ist abhängig von zahlenden Lesenden

Wenn Sie uns zusätzlich unterstützen wollen, hier können Sie „spenden“.
Hinweis fürs Finanzamt: Zahlungseingänge werden wie Abozahlungen verbucht.
Bürgerblick als gemeinnützige Gesellschaft zu etablieren ist in Arbeit.

07:23
Freitag
14. November 2025
 
Bitte klicken Sie diese Förderer
und Freunde der freien Presse:

PRIVATE PLATTFORMEN

KULTURKALENDER
14.11. | Friday
UNIVERSITÄT
Teilhabe von Frauen
 
bild_klein_0000024432.jpg

Demokratiewochen: Vortrag und Diskussion mit der Kasseler Rechtswissenschaftlerin Silke Laskowski über Frauen in Parlamenten und Politik. Im Bayerischen Landtag ist der Frauenanteil bundesweit am niedrigsten.

Ort: Innsteg-Aula


18:00 Uhr | freier Eintritt
OPERNHAUS
The Purple Rose Of Cairo
 
bild_klein_0000024443.jpg

In "The Purple Rose of Cairo" begegnen sich Kino und Wirklichkeit: Die Kellnerin Cecilia findet Trost in einem Film, bis Hauptdarsteller Tom Baxter in ihre Welt tritt. Woody Allens Stück wurde 2009 erstmals für die Bühne adaptiert. Regie: Veronika Wolff. Sechs Mitwirkende.


19:30 Uhr | ab 11 Euro
SCHARFRICHTERHAUS
Zither Manä
 
bild_klein_0000024453.jpg

Zither Manä, Jahrgang 1954, ist Musiker und Liedermacher aus Wörnsmühl bei Miesbach. Seit seinem Debüt 1980 verbindet er bayerische Volksmusik mit Rock, Blues, Folk und politischen Texten. Er nutzt die Zither als Hauptinstrument.


20:00 Uhr | ab 28,50 Euro