Nachrichten | Sunday, 07. December 25

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Deckengemälde im Stephansdom: Nackte Knaben symbolisieren im Barock Freude, Unschuld und himmlische Sphäre. (Foto: mediendenk)
Katholische Kirche

Mariahilf, Konradinum, Fürstenstein: Welche Orte stehen im Fokus der Passauer Missbrauchsstudie?

Die Universität Passau veröffentlicht morgen ihre historische Studie zum sexuellen Missbrauch im Bistum Passau.

Das Gutachten liegt Bischof Stefan Oster seit Ende November vor, die vollständige Fassung soll online abrufbar sein. Bislang sind nur Eckpunkte bekannt – nicht jedoch die detaillierte Auswertung der historischen Akten und Interviews.

Die Studie wurde von einer unabhängigen Historikergruppe unter Leitung von Professor Marc von Knorring erstellt. Auftraggeber ist die Unabhängige Aufarbeitungskommission des Bistums. Untersucht wurde Missbrauch durch katholische Geistliche an Minderjährigen im Zeitraum von 1945 bis 2022. Das Spektrum reicht von sexuellem Missbrauch über körperliche Gewalt bis hin zu institutionell ermöglichten Übergriffen.

Die Forscher sichteten rund 2.400 Personalakten von Priestern und kirchlichen Mitarbeitenden, führten 25 Betroffeneninterviews und sprachen mit etwa 35 weiteren Zeitzeugen. Ziel ist eine historische Rekonstruktion von Ausmaß, Bedingungen und Reaktionen – also wie Kirche, Öffentlichkeit und soziales Umfeld mit den Taten umgegangen sind.

Schon jetzt ist klar, dass es im Bistum Passau zahlreiche Betroffene gibt, die als Kinder oder Jugendliche von Priestern, aber auch von Ordensfrauen misshandelt oder sexuell missbraucht wurden. Manche leiden bis heute, viele schweigen. Die Studie legt nach bisherigen Angaben über Jahrzehnte systematischen Missbrauch und institutionelles Schweigen offen.

Die Untersuchung umfasst Missbrauchsfälle aus mehreren kirchlichen Einrichtungen – mit Sicherheit das Kloster Mariahilf, wahrscheinlich auch das katholische Schülerheim Konradinum an der Donau (heute Sitz der Caritas) sowie das Knabeninternat im Schloss Fürstenstein. Priester, Ordensmänner und Ordensfrauen haben dort Minderjährige misshandelt.

Nach heutiger strafrechtlicher Begrifflichkeit geht es um vorsätzliche Körperverletzung, sexuellen Missbrauch bis hin zur Vergewaltigung.

Mehrere Komplexe wurden vollständig an die Aufarbeitungskommission übergeben und sind Bestandteil der Studie. Besonders gut dokumentiert ist der Missbrauchskomplex um einen Kapuzinerpater auf Mariahilf, der im Jahr 2000 starb. Nach seiner öffentlichen Namensnennung mehrten sich die Meldungen von Betroffenen. Ein ähnlicher Effekt ist auch nach Veröffentlichung der Passauer Studie möglich. Erfahrungen aus anderen Diözesen belegen das: Seit Veröffentlichung der Münchner Missbrauchsstudie 2022 gingen dort rund 40 neue Meldungen ein, die zu Anträgen auf Anerkennungszahlungen führten.

Professor Marc von Knorring, Jahrgang 1971 aus Aurich, promovierte in Bonn und arbeitete an der Historischen Kommission der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Seit vielen Jahren ist er an der Universität Passau tätig; seit 2022 leitet er das vom Bistum finanzierte Forschungsprojekt zur historischen Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs.

Die Studie soll vollständig auf der Website der Universität Passau online gestellt werden. Parallel veröffentlicht die Universität eine ausführliche Presseinformation. Das Bistum begleitet die Veröffentlichung mit einer eigenen FAQ-Seite, einem Sonderheft des Bistumsblatts sowie Angeboten für Betroffene und Gläubige.

hud

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