Jedes Mal, wenn sie einen Baum besetzten, jedes Mal, wenn sie ein Plakat oder Banner hängten: Fast zwei Dutzend Bußgeldbescheide hat die Stadt Passau bis heute gegen die Mitwirkenden des Klimacamps erlassen. Vor Gericht hält nur ein Teil davon stand, wie sich heute zeigte.
Eine 24-jährige Jurastudentin und Klimaaktivistin sollte wegen vier Ordnungswidrigkeiten (Schutz Naturdenkmal und Stadtbild, zweimal Versammlungsgesetz) von der Stadt verhängte Bußgelder von insgesamt 475 Euro bezahlen. Mirjam H. war beteiligt beim ersten Passauer Baumbesetzer-Quartett am Innkai im vorigen Mai und bei einer Aktion im Juni an der Marienbrücke, als ein Banner "Autowahnsinn stoppen!" gehängt wurde.
Ihr Einspruch ist heute Vormittag vor dem Amtsgericht erfolgreich gewesen: Drei Verfahren wurden eingestellt, es blieb allein beim Bußgeld von 100 Euro wegen der nicht angemeldeten Versammlung am Baum. Er wolle diesen Verstoß keinesfalls in einen Topf werfen mit den nicht angemeldeten Versammlungen vom gewaltbereiten Corona-Gegnern, betonte der Amtsrichter. Zur Aktion mit dem Banner unter der Marienbrücke meinte er: Er könne keine Versammlung erkennen, zumal die vielbefahrenen Brücke eine solche überhaupt nicht zulasse, auch eine Beeinträchtigung des geschützten Stadtbildes der Altstadt durch das Transparent sei nicht gegeben.
Im März stehen weitere solcher kleiner Verfahren an.
200 Euro Bußgeld für Umarmung bei Corona-Demo
Eine 41-jährige Kauffrau, die anfangs in der Passauer Protestbewegung gegen Corona-Maßnahmen eine tragende Bühnenrolle spielte, ist vom selben Amtsrichter vier Stunden später zu einem Bußgeld von 200 Euro verurteilt worden. Sie hatte Ende Mai 2020 bei einer Demo auf dem Kleinen Exerzierplatz gegen den Mindestabstand verstoßen, war auf die Umarmung einer Sympathisantin eingegangen. Ein Polizeibeamter schoss das Beweisfoto. Gegen den Bußgeldbescheid der Stadt, der ursprünglich auf 1.000 Euro lautete, hatte die Beschuldigte Einspruch eingelegt. Der Richter hielt ihr unter anderem zugute, dass sie den Vorwurf einräumte, dass sie aus der „sich radikalisierenden Szene“ ausgestiegen sei und unter schlechten wirtschaftlichen Verhältnissen leide. Wegen Corona muss die Betroffene angeblich derzeit von ihren Ersparnissen leben.
hud
