Nachrichten | Saturday, 07. June 25

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Der Tatort liegt 100 Meter westlich vom ZOB. (Grafik: mediendenk/ maphub)
Sorgerechtsstreit

Auto-Attacke in Passau: Vater fährt Ehefrau und Tochter an

Erneut wurde ein Auto zur Waffe - ein dramatischer Fall aus Passau. Fünf Verletzte. Es handelt sich um keine Amokfahrt - ein Sorgerechtsstreit ist offenbar das Motiv.

In der unteren Grünaustraße gegenüber dem Hauptbahnhof ist heute Nachmittag ein Mann mit einem Mercedes gezielt auf fünf Passanten am Gehweg zugefahren. Nach bisherigen Erkenntnissen der Polizei galt der Angriff offensichtlich seiner Ehefrau und seiner Tochter. Beide wurden von dem Auto erfasst und schwer verletzt. Die 40-jährige Frau und das 5-jährige Kind erlitten unter anderem Knochenbrüche.

Wie die Polizei betont, gibt es keinerlei Anzeichen für eine Amokfahrt. Nach ersten Erkenntnissen spielt als Motiv ein Sorgerechtsstreit eine Rolle.

Drei weitere Passanten, so der Nachtrag der Polizei, mussten sich ebenfalls in ärztliche Behandlung begeben.

Der Notruf ging um 15.36 Uhr ein. Die Polizei hat den Tatort auf Höhe der Erhardstraße abgesperrt. Der 48-jährige Fahrer wurde noch am Ort des Geschehens festgenommen. Der Fahrer stammt aus dem Landkreis Freyung-Grafenau.

Die Kripo hat die Ermittlungen übernommen. Es werden Augenzeugen gesucht. Eine Vorführung beim Ermittlungsrichter wird voraussichtlich morgen erfolgen.

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Der schwarze Mercedes, der zur Waffe wurde, wurde von einer Gartenmauer gestoppt. (Foto: Armin Weigel/ dpa)
Der Tatort liegt etwa 100 Meter westlich vom ZOB. Der schwarze Mercedes wurde durch den Anprall an eine Gartenmauer gestoppt, der Wagen am Kotflügel der Fahrerseite schwer beschädigt. Der Airbag hat sich ausgelöst. Am Boden vor der Wagenfront liegt der abgebrochene Griff eines rosafarbenen Kinderregenschirms, der Schirm selbst liegt sieben Meter weiter zurück am Treppeneingang eines Kosemtiksalons. 

Sorgerechtskonflikte: Eskalation kennt keine Nationalität
Immer wieder eskalieren familiäre Konflikte im Zusammenhang mit dem Sorge- oder Umgangsrecht. Die Ursachen sind komplex – doch eines steht fest: Ob deutsch, österreichisch oder irakisch – die Nationalität eines Tatverdächtigen ist für die Bewertung einer solchen Tat in der Regel unerheblich. So sieht es der Pressekodex vor, so gebieten es journalistische Ethik und das Menschenrecht auf Gleichbehandlung.

Im aktuellen Fall aus Passau gibt die Polizei wie üblich nur auf konkrete Anfrage die Herkunft eines Tatverdächtigen bekannt – ob ein Medium sie nennt, hängt von dessen Einordnung ab. Nach Ziffer 12 des Pressekodex ist sie nur dann zu nennen, wenn ein begründeter Sachbezug zur Tat besteht. Im vorliegenden Fall stammt der Festgenommene aus dem Irak. Er lebt im Landkreis Freyung-Grafenau.

Seine Nationalität geistert längst durch die sozialen Netzwerke – oft instrumentalisiert zur Stimmungsmache gegen Migranten. Doch was sagt sie wirklich aus? Nichts über das Motiv. Nichts über die Tat selbst. Denn auch in Familien deutscher Herkunft gibt es schwere Eskalationen, wenn es um das Sorgerecht geht. Trennung, Verlustängste, emotionale Erschütterungen führen in allen Kulturen zu Spannungen – und im schlimmsten Fall zu Gewalttaten. Das zeigen viele Beispiele. Ein möglicher Unterschied: Dass eine Frau das Sorgerecht zugesprochen bekommt, kann für Männer aus patriarchal geprägten Gesellschaften wie ein Kontrollverlust wirken. Doch auch dieser kulturelle Hintergrund kann allenfalls Teil der Einordnung sein. Entscheidend bleibt: Gewalt gegen Partnerinnen und Kinder ist keine Frage der Herkunft. Ein Blick auf schwere Gewalttaten im Kontext von Sorgerechtsstreitigkeiten, die Aufmerksamkeit erregten, zeigt: Die Nationalität der Täter ist unterschiedlich.

Für Straftaten im Kontext von Sorgerechtsstreitigkeiten gibt es keine gesonderte Statistik nach Herkunft. Ein Trend zu „mehr Gewalt durch migrantische Väter“ ist nicht nachweisbar.

Sorgfalt vor "Schnellschuss"

Nach schweren Gewalttaten steht der Journalismus unter Druck. Doch gerade in solchen Momenten gilt: Sorgfalt geht vor Schnelligkeit. Diese Anmerkung richtet der Autor dieser Zeilen auch immer wieder selbstkritisch an sich selbst. Wer die ersten Ermittlungsergebnisse abwartet, beugt Fehleinschätzungen und vorschnellen Einordnungen vor. Selbst die Polizei muss gelegentlich korrigieren – wie in diesem Fall bei der zunächst falsch angegebenen Altersangabe der Mutter. Doch solche Details sind marginal im Vergleich zu dem, was sich bei bestimmten Medien und in sozialen Netzwerken abspielt: Dort wird die Nationalität des Festgenommenen instrumentalisiert, um über ein politisch motiviertes Attentat zu spekulieren. Die einen haben zum Ziel, eine hohe Aufmerksamkeit zu erzeugen, andere befeuern das Narrativ von „importierter Gewalt“ – und mit ihnen Angst und Hass.

Das Verbrechen hat am Abend Passau in die Tagesschau gebracht. Am Amtsgericht werden morgen die Fotografen der Boulevardmedien bereitstehen, um den Beschuldigten „abzuschießen“, wie es im brancheneigenen Jargon heißt. Doch wie steht es um seine Persönlichkeitsrechte, zumal es um keinen Terroranschlag geht?

Spätestens im Prozess wird die Öffentlichkeit den Angeklagten zu Gesicht bekommen, mehr über seine Person, sein Motiv und den Kontext der Tat erfahren.

red

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