Nachrichten | Samstag, 20. April 24

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Fremde und Vertraute in der Bahnhofswartehalle. Henrike Henoch (Anna), Martin Mairinger (Ich) und Luciano Mercoli (Der Eisenbahnassistent). (Foto: Peter Litvai)
Kultur

Uraufführung am Passauer Opernhaus: Liebe in Zeiten der Unsicherheit

Jetzt oder nie. In seinen verbleibenden zwei Jahren am niederbayerischen Landestheater will Intendant und Theatermacher Stefan Tilch Eigenproduktionen rauslassen, die ihm am Herzen liegen, aber nie umgesetzt worden sind. Nach einem Theaterstück, das die Zeitenwende in Sprache und Humor beleuchtete, widmet er sich der Liebe in Zeiten des Umbruchs und der Unsicherheit. Seine Oper "April - Die Geschichte einer Liebe" mit drei Dutzend Bühnenmitwirkenden feiert heute Uraufführung im Passauer Opernhaus.

Tilch holte sich als Partner den nahezu gleichaltrigen österreichischen Dirigenten und Komponisten Peter Wesenauer, der hier erstmals als Opernkomponist auftritt. Für die Ausstattung griff Tilch auf ein weltweit anerkanntes Duo zurück, Charles Cusick Smith und Philip Ronald Daniels, die sich zuletzt in der britischen Operette "Mikado" mit exotischer Handschrift zeigten; für die Choreografie zeichnet verantwortlich die Passauerin Sunny Prasch ("Im Weißen Rössl", "La Bohéme").

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Bloß nicht loslassen. Reinhild Buchmayer (Das Mädchen am Fenster), Martin Mairinger (Ich) und Joachim Vollrah (Ich alt). (Foto: Peter Litvai)
Der Stoff beruht auf der gleichnamigen 100 Jahre alten Novelle von Joseph Roth (1894-1932), der aus dem Habsburgerreich Österreich-Ungarn stammt, heute Ukraine. Er erzählt von verlorenen Gestalten in einem kleinen Städtchen im Frühling. Der Erzähler "Der Mann unter dem Fenster" fungiert als Flaneur auf der Durchreise.

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Ein neuer Tag. Im Hintergrund Joachim Vollrath (Ich alt), Martin Mairinger (Ich), vorne Matthias Bein (Der Rei-sende) und Daniel-Erik Biel (Ignatz).(Foto: Peter Litvai)
Tilch, Jahrgang 1968, war sieben Jahre lang Spielleiter der Bayerischen Staatsoper. Er erwarb sich Ansehen als Regisseur und Filmemacher. Er ist seit gut 20 Jahren Intendant am niederbayerischen Landestheater. 2026 endet seine Amtszeit.

Besetzung:
Ich: Martin Mairinger
Ich (alt): Joachim Vollrath
Anna: Henrike Henoch
Das Mädchen am Fenster: Reinhild Buchmayer
Der Postdirektor / Der Dichter: Edward Leach
Der Briefträger / Der Nachtwächter: Albin Ahl
Der Reisende: Matthias Bein
Der Eisenbahnassistent: Luciano Mercoli
Der Kellner: Ignatz Daniel-Erik Biel
Der Wahnsinnige / Mann auf der Leiter: Julian Stöcklein

Im Film:
Abel: Stefan Merten
Die schöne Dame: Katharina Elisabeth Kram
Der Junge mit den Strohhalmen: Jonathan Kreusch

Weitere Aufführungen morgen, am kommenden Wochenende und am Freitag, 10. Mai.


Kurzkritik mal anders

"War die Oper gut?", hat Praktikant Benedikt, Abiturient, in unserem Redaktionskanal "Threema" nachgefragt:

Antwort:

Man hat wahrscheinlich im Leben selten die Chance, die Uraufführung eine Oper "made in Germany 2024" zu erleben.

Wie es war? Schön schräg, zeitweise brutal laut. Die Schlagzeugerin hielt sich die Ohren zu, als der Pauker neben ihr loslegte. Andere Musiker hatten sich Ohrstöpsel in die Gehörgänge gestopft. Volle Pulle auch bei der Nebelmaschine. Ich wollte mir meine Corona-Maske aufsetzen, hätte ich sie noch dabeigehabt. Das Bühnenbild geht auch voll ab, weil die Regie Kulissenschieber und Videoprojektionen kombiniert. Das erzeugt Tempo und Dynamik.

Zwei Boomer haben diese Oper über einen liebeskranken Mann aus dem Ärmel geschüttelt. Regisseur ist der Opernhausintendant, ein Enthusiast seines Fachs, der wahrscheinlich mit Wehmut auf das Ende seiner Amtszeit blickt. Der andere ist ein freier Dirigent und Komponist, ein lustiger Glatzkopf aus Österreich. "Viel Spaß!" hat er zum Auftakt in den Orchestergraben gerufen. Später konnten sich die Musikerinnen und Musiker das Grinsen nicht verkneifen, als ihr Dirigent im Theaternebel verschwand.

Vorlage für die Oper ist eine 100 Jahre alte eher unbekannte Novelle eines bekannten österreichischen Schriftstellers: Joseph Roth (Radetzkymarsch und Die Kapuzinergruft).

Auf jeden Fall anschauen! Es ist ein Stück Zeitgeschichte.

Nachtrag: tolle Tänzer, sagenhafte Sopranistinnen. Drei Dutzend Mitwirkende. Der Intendant und der Komponist sind sich am Ende glücklich in die Arme gefallen. Das Publikum hat die Inszenierung mit einem langen Schlussapplause gefeiert. Es klatschten auch diejenigen begeistert, denen in den 90 Minuten nicht alles gefallen hat. Denn so ein Werk auf die Beine zu stellen, erfordert Mut, eine Meisterleistung!

hud

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21:56
Freitag
03. Mai 2024
 
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KULTURKALENDER
03.05. | Freitag
MESSEPLATZ
Maidult
 

31 Imbiss- und Süßwarenbuden verpflegen die Dultgäste: Neben traditionell Bairischem gibt es unter anderem Pizza, Döner und Lángos.


11:30 Uhr
OPERNHAUS
Sprungbrett
 

Mit der Sopranistin Katja Maderer und dem Pianisten Firmian Drost stehen zwei junge Talente aus der Region auf dem Podium. Auf dem Programm stehen Werke von Brahms, Dvořák, Chopin, Hensel und Schumann.


18:00 Uhr | freier Eintritt
SCHARFRICHTERHAUS
Black Patti
 

Das Bluesduo Peter Crow C. (Gitarre und Mundharmonika) und Ferdinand Krämer alias "Jelly Roll" (Gitarre und Mandoline) präsentieren ihr zweites Album "Red Tape".


20:00 Uhr | ab 28,50 Euro
CAFÉ MUSEUM
Ilz River Gang
 

Die sechsköpfige Passauer Band lässt traditionellen Jazz aus der Zeit zwischen 1920ern und 1960ern erklingen. 


20:00 Uhr | 14 Euro
REDOUTE
Die Jungen Tenöre
 

Die Gruppe tourt mit ihrem Besten aus 25 Jahren in Deutschland. Von Opernarie bis Elvis wird alles gespielt.


20:00 Uhr | ab 19,90 Euro
KULTURMODELL
Ästhetik der Vernichtung
 

Stefan "Doc" Braitinger und der Journalist und Musiker Gerd Jakobi alias "Jack Oby" präsentieren Ihre Werke zum Thema Ästhetik und Vernichtung. Musikalisch begleitet wird der Abend von Albert Dambeck mit Bousuki, Gitarre und Bass.


20:00 Uhr
ZAUBERBERG
Alternativer Rock
 

Rocklieder für jene, denen Klubhits nicht zusagen: Limp Bizkit, Evanescence, Rise Against und mehr.


22:00 Uhr | 5 Euro