Nachrichten | Freitag, 26. Januar 24

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Die wohl größte Demo der Passauer Nachkriegsgeschichte: Weltklimademo am 20. September 2019 mit mehreren tausend Menschen. (Foto: mediendenk)
Lokalpolitik

Passau: Mehr als 80 Organisationen bei Anti-AfD-Demo am Samstag

Blick auf die „Demo gegen Rechts“ in Passau am Samstag, 27. Januar, 14 Uhr auf dem Kleinen Exerzierplatz. Es kommt Bewegung ins Bündnis, die Zahl der mitwirkenden Organisationen hat sich auf mehr als 80 erhöht.

Neu hinzugekommen sind die "Jungen Liberalen", der Nachwuchs der FDP. Die Partei selbst und die CSU sind mit ihrem Logo in der Unterstützerliste bisher nicht vertreten. Viele Geschäftsleute sind dabei, von der Kirche mittlerweile auch die katholische Studentenschaft und die Arbeitnehmerbewegung.

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Die Route der Passau-Demo, 1,5 Kilometer: Kleiner Exerzierplatz-Ludwigsplatz-Nikolastrasse-Schweigeminute am NS-Mahnmal-Theresienstraße-Ludwigstraße -Ludwigsplatz-Kleiner Exerzierplatz
Wird diese "Demo für Demokratie" die wohl größte Passauer Demo der Nachkriegsgeschichte übertreffen? Am 20. September 2019 ging vor allem die Jugend, Schüler- und Studentschaft, unterstützt von einem breiten Bündnis der Bevölkerung auf die Straße. Es ging um den Klimaschutz, die "Fridays For Future"-Bewegung war der Auslöser. In der ersten Reihe marschierten damals Passauer Lokalpolitiker und Bischof Stefan Oster. Diese Weltklimademo-Marsch ging damals ebenso vom Ludwigsplatz in die Nikolastraße Richtung Inn (siehe Karte).

Geschichtlicher Blick zur morgigen Demo: In der Vergangenheit hatte Passau oft den Aufmarsch von Rechtsextremisten erleben müssen, deren jährliche Treffen in der damaligen Nibelungenhalle (abgerissen 2004, heute Kapfingerkomplex mit Kino, Supermarkt und Fitnesscenter) stattfanden, heute "Nibelungenplatz". Dies führte dazu, dass sich in dieser Provinzstadt eine ungewöhnlich starke Antifa bildete, wie sie eher in Großstädten vorzufinden ist. Der antifaschistischen Bewegung gehörten viele Söhne und Töchter aus angesehenen Familien an. Wie später im Ansatz "Die Letzte Generation" wurde zur Jahrtausendwende die Passauer Antifa-Gruppe zeitweise als "kriminelle Vereinigung" strafrechtlich verfolgt. Die Ermittlungen wurden ergebnislos eingestellt. Diesen linken Kräften, der roten Rathauspolitik und einem Passauer Polizeidirektor ist es zu verdanken, dass der braune Spuk aus Passau vertrieben worden ist. Dieser Passauer Hintergrund ist vielen Jüngeren und später Zugezogenen nicht bekannt.

Wie das Potsdamer Treffen seine Fäden bis nach Passau zieht, welche Verbindungen es zwischen dem einladenden Zahnarzt Gernot Mörig und hier ansässigen Gleichgesinnten gibt, wird hier aufgezeigt.       

24. Januar

Der Festspielverein "Europäische Wochen", dem die CSU-Stadträtin Rosemarie Weber voransteht, hat sich angeschlossen. Die Bewertung, dass sich das Bistum nicht rühre, triftt nicht mehr zu. Der Diözesanrat der Katholiken im Bistum Passau, der Rat des katholischen Stadtdekanats und der Katholische Frauenbund sind dabei, der Bund Naturschutz und der Rotary-Club, Niederbayerns bekanntester Schnapsbrenner und die Evangelische Studierenden-Gemeinde.

Unter den 46 Logos, Stand Dienstagfrüh, ist aufgefallen, dass im Gegensatz zu Landshut die ÖDP fehlt. In einem Telefonat stellte ÖDP-Stadtratsfraktionschef Urban Mangold am Abend klar, dass sich seine Partei am Nachmittag angeschlossen und eine Rednerin angemeldet habe. Die Logos der Mitwirkenden werden nur einmal Tag ergänzt.

Stand Mittwochfrüh hat sich die Zahl der Mitwirkenden im Bündnis auf 60 erhöht: der Bayerische Lehrer- und Lehrinnenverband, Schulen wie das Auersperg-Gymnasium Freudenhain und das Maristengymnasium Fürstenzell haben sich unter anderem angeschlossen, der Hausarztkreis Passau/ Freyung-Grafenau, die Bürgerbewegung "Verkehr in Passau".  

Die CSU als Partei und die FDP fehlen nach wie vor. "Warum ist die Junge Union nicht dabei?", wundern sich ältere Mitbürger.

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Demo für demokratische Wert und gesellschaftliche Vielfalt.
Um die "Freien Wähler" richtig einzuordnen, bedarf es Aufklärung: Kommunalen Freie-Wähler-Gemeinschaften, parteilos und unabhängig, beispielsweise die FWG-Stadträte in Passau, legen Wert auf die Feststellung, nicht der Partei "Freie Wähler" von Hubert Aiwanger anzugehören. Tatsache ist ebenso, dass Hubert Aiwanger der gewählte Vorsitzende des Landesverbandes ist, in dem diese Gruppierungen zusammengeschlossen sind. Zu Verwirrung der Wählerschaft ist das Freie-Wähler-Logo der Parteilosen von Aiwangers Parteilogo nicht zu unterscheiden. "Bei der nächsten Kommunalwal werden wir das hier nachbessern", sagt der Passauer Stadtrat Siegfried Kapfer, Fraktionsvorsitzender der "Freien Wähler Gemeinschaft".

Kapfer wird bei der Demo am Samstag vertreten sein. Das Wichtigste sei es, Flagge gegen die AfD zu zeigen, eine wegen ihrer Tendenzen "nicht wählbare" Partei. Er stehe zudem als leitender Funktionär für eine große Gemeinschaft: den katholischen Sportverband DJK, den Leichtathletikbezirk Niederbayern und den Bayerischen Beamtenbund.  

Bestimmte konservativen demokratischen Kräfte fühlen sich offenbar nicht angesprochen. Oder stören sich am "Demo gegen Rechts"? Korrekt müsste es heißen „Demo zum Schutz der Demokratie und gegen Rechtsextremismus“.

Schlagzeilen und Parolen ist gemein die Zuspitzung, die Verkürzung.

Die Zurückhaltung der Konservativen mag auch daran gelegen haben, dass die Flüchtlingshilfe-Organisation „Seebrücke“ anfangs in Passau die Federführung übernommen hat. Wobei mittlerweile ein breites Bündnis sich an der Organisation beteilige, die  "Seebrücke" bloß als Internetplattform diene, wie Hannes Hieronimi in einem Telefonat am Dienstag klarstellt.

Wie die Flüchtlingspolitik auszurichten sei, spaltet derzeit die Parteien. Das Thema wird in jedem Wahlkampf hochgespielt. Politikwissenschaftler mahnen, dass damit bewusst eine Erzählung der Rechtspopulisten bedient werde, die Regierenden seien unfähig.

"Warum steht auf den Plakaten, die hängen, ZAKK", fragt eine Grünen-Stadträtin. Erklärung: Für den Druck der Demo-Plakate braucht es einen "Verantwortlichen im Sinne des Presserechts" (V.i.S.d.P), eine Privatperson oder einen Verein. Da die "Seebrücke" kein eingetragener Verein ist, zudem die Adresse genannt werden muss, wurde das "Zentrum für ambulante Kultur und Kommunikation" in der Firmianstraße 10 eingetragen. 

Die Organisatoren von der Passauer Hochschulgruppe "Seebrücke" haben im Untertitel Klarheit geschaffen: „Demo für demokratische Werte und gesellschaftliche Vielfalt“ Das könnten nach SPD, ÖDP und Linke auch die CSU und die FDP unterschreiben.

Auf der deutschlandweiten Demo-Seite "demokrateam.org" ist die Passauer Demo seit Dienstag eingetragen.

Laut Rathaussprecher sind für die Passauer Demo 300 Teilnehmer angemeldet. Die Zahl wurde später erhöht auf 500, dann auf 1.000. Die größte Demo der Nachkriegsgeschichte erlebte Passau mit der Klimabewegung "Fridays for Future" am 20. September 2019. Nach Polizei- und Veranstalterangaben waren es damals 5.000 Leute. Schätzungen sind oft schwierig, gut 3.000 sind vielleicht realistischer nach Auswertung unserer Luftaufnahmen. 

Der 27. Januar ist zugleich der Gedenktag an die Opfer des Nationalsozialismus. Parallel finden "Demos gegen Rechts" unter anderem in Straubing, Ingolstadt, Neumarkt und Traunstein statt.

Als Vertreter der christlichen Nächstenliebe zeigt in Passau die evangelischen Kirche Flagge. Das Bistum selbst rührt sich nicht. Von katholischer Seite haben sich der Pfarrverband "St. Anton/ St-. Peter" und die "Katholische Erwachsenenbildung" angeschlossen.

Wie sich das Bündnis von Sahra Wagenknecht positioniert? Die Partei hat am Demo-Tag ihren Gründungstag, dort weilt der Passauer Ex-Linken Stadtrat Josef Ilsanker. "Wäre ich nicht beim Gründungsparteitag, wäre ich in Passau mit auf der Straße", schreibt Ilsanker der Redaktion.        

"Eine klare Distanzierung der Veranstalter, wenn die Antifa mitmarschiert, wäre für die Sache, den Kampf gegen Extremisten, richtig und notwendig", schreibt der potentielle CSU-Stadtratsnachrücker Holm Putzke. Unterbliebe dies, dürfe man nicht mitmarschieren. Der Uni-Strafrechtsprofessor Putzke hat eine Kritik vom rechtspopulistischen Kanal des Ex-Bild-Chefredakteurs Julian Reichelt geteilt, der ein Plakat der Antifa skandalisierte. Ist Putzke aktuell die Distanzierung von der Antifa oder der Protest gegen die AfD wichtiger? Er antwortet: "Es wäre fatal gegen den einen Extremismus zu kämpfen und gleichzeitig der anderen Seite die Hand zu reichen." Da das Risiko einer Unterwanderung durch linksradikale und -extreme Kräfte leider nicht mehr von der Hand zu weisen sei, halte er es für wichtig, dass die Teilnehmenden sich klar von Linksextremisten distanzierten. Er nennt die Bauernproteste als Beispiel. Dort hatte sich Bauernverbandspräsident auf der Bühne von Rechtsextremen distanziert, gleichwohl er deren Teilnahme nicht verhindern konnte. 

Beitrag wird bei Bedarf aktualisiert

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19. Januar

„Warum gibt es in Passau keine Demo gegen Rechts?“, haben wir gestern gefragt. In Regensburg und Landshut (siehe Foto) hat sich ein breites Bündnis gebildet. Jetzt tut sich auch bei uns etwas.

Sozialdemokraten und Umweltschützer, Hochschulgruppen und Gewerkschaften, konservative und linke Demokraten – nur wenn alle demokratischen Vertreter der Gesellschaft unter einen Hut gebracht werden, gelingt der eindrucksvolle Auftritt. Dies gestaltet sich in Passau, so die Analyse des Autors, teilweise wegen persönlicher Spaltungen schwierig.

Die treibende Kraft zu finden, die Zeit und Aufwand für die Organisation nicht scheut, stellt eine weitere Hürde dar. Es haben sich offensichtlich die ersten gemeldet, die den Finger heben.

Der „Runde Tisch gegen Rechts“ hat in der letzten Zeit gewackelt. Es gab Austritte und Rücktritte. Der letzte Facebook-Eintrag stammt von August 2023.

Seit Dienstag gibt es einen neu gewählten Vorstand, als Sprecherin fungiert: SPD-Stadträtin Katja Reitmaier. „Es ist eine Veranstaltung für 27. Januar geplant“, sagt die wissenschaftliche Uni-Mitarbeiterin heute auf Anfrage. Sie gehört zu den Gründungsmitgliedern des „Runden Tisches gegen Rechts“. Die Mannschaft müsse neue aufgestellt werden, sagt sie.

hud

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Der Bergfried Kultur Verein will auch nach dem Brand in der früheren Klosteranlage aktiv sein und sich zugleich bei der Feuerwehr für den Einsatz bedanken. Bei dem Benefizkonzert spielt unter anderem die Sturmberger Feiertagsmusi, außerdem gibt es lateinamerikanische Musik.


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